Im Schatten der Empfindsamen

von Sabine Maier

Ein Projekt für Art Transformation 2016
Waldkunstzentrum Darmstadt – http://iwz.waldkunst.com

 

Die Installation war ein Projekt anlässlich der Biennale 8. Internationalen Waldkunstpfad “Kunst Transformation” in Darmstadt.
Installationsdauer : August 2016 – August 2018

 

 

Das Darmstädter Geistesleben des späten 18. Jahrhunderts brachte im Gefolge des Hypes um Johann Wolfgang von Goethes Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“ den so genannten Kreis der Empfindsamen hervor. Dies war ein Zirkel von schöngeistigen und empfindsamen jungen Mädchen um die Landgräfin Karoline von Hessen Darmstadt, maßgeblich gefördert durch Goethes Freund, den Herausgeber, Redakteur und Naturforscher Johann Heinrich Merck. Ein Kult schwärmerischer Empfindung und seelenvoller Freundschaft bestimmte Briefe, Gedichte und Zusammenkünfte dieser „Gemeinschaft der Heiligen“ (Goethe).

Dass dies mit intensiven Naturerlebnissen, vor allem auch im Gebiet des Odenwaldes, verknüpft war, versteht sich für diese Geisteshaltung von selbst. Die Essenz der Natur, wie sie sich durch die Essenzen des Waldes ausdrückt, spielte eine bedeutende Rolle. Einer der Beweise dafür ist der so genannte Goethefelsen, ein Zeugnis der mehrmaligen Anwesenheit des „Meisters der Empfindsamkeit“, der sich nach wie vor im Bereich des Waldkunstpfades  befindet.

 

Ausgangspunkt der Installation ist die Mercksche Sammlung von Silhouetten, damals beliebte Schattenrisse bedeutender Personen.
Man kann sie als Vorläufer binärer Bilder betrachten, da sie ein binäres System (Schwarz/Weiß) benutzen, und “überflüssige“ Information zugunsten eines idealtypischen Ausdrucks eliminieren.
Zudem wurden Silhouetten als Codes in der Kommunikation benutzt: sie ermöglichten verklausulierte Botschaften zwischen den Beteiligten.

Für die Installation wurden neun historische Silhouetten in Vektorgrafiken umgewandelt und mittels    eines CAD–Verfahrens    aus 60 cm Eisenblechen geschnitten. Diese, mit einem Drehgelenk auf Stangen montiert, sind im Goetheteich verankert und scheinen knapp über der Wasseroberfläche zu schweben. Die allmählich rostenden Köpfe bewegen sich, wenden sich in verschiedenen Konstellationen einander zu oder ab. So entscheidet der Wind, wer mit wem kommuniziert.

 

Die Installation ist allen Musen Goethes gewidmet. Allen voran Marianne von Willemer.  Erst neun Jahre nach Marianne von Willemers Tod erfährt die Nachwelt, dass mehrere der schönsten Gedichte aus dem  „Westöstlicher Diwan“ eigentlich aus ihrer Feder stammten. Somit blieben die Leistungen der Musen Goethes immer  im Schatten und wurden von der Fachwelt kaum bis gar nicht beachtet.
Die Installation jedoch setzt alle gleichsam ins Licht, indem sie alle, so auch Goethe, als gleichwertige Schattenrisse inszeniert.
Die Schatten, die diese Silhouetten nun werfen, fallen endlich alle gleich.

 

Eröffnung: 13. August 2016 – mit einem empfindsamen Konzert mit Klaus Lang

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